Das jüngst eröffnete MEDI-MVZ Ditzingen zeigt, wie die Zukunft der ambulanten Versorgung aussehen kann: Drei Praxen vereint, Nachwuchs gefördert, Bürokratie reduziert – und die smarte MEDI-eigene Software garrio macht das Versorgungszentrum digital fit für die Zukunft. Dabei profitieren Praxisteams und Patientinnen und Patienten.
Der Hausärztemangel im ländlichen Raum ist längst real und erfordert neue Strukturen – das gilt auch in Ditzingen und den umliegenden Gemeinden. So berichtet Alexander Bieg, Geschäftsführer der MEDI-MVZ: „2023 kam ein Arzt aus Heimerdingen auf uns zu, der seine Praxis aufgeben wollte. Auch in Ditzingen freuten sich die Inhaber zweier Praxen bereits seit Jahren auf den wohlverdienten Ruhestand. Insgesamt ging es um mehr als 4.500 Scheine – das hätten die umliegenden Praxen unmöglich auffangen können.“ Der Weg führte sie schließlich zu MEDI Baden-Württemberg. Der Verband baut seit Jahren Strukturen auf, um solche Versorgungslücken zu schließen.
Ärztliche Unabhängigkeit im Vordergrund
„Unser Ziel ist es, die Versorgung zu sichern – und gleichzeitig Kolleginnen und Kollegen die Chance zu geben, zu gegebener Zeit die Verantwortung zu übernehmen“, erklärt Dr. Norbert Smetak, Vorsitzender von MEDI Baden-Württemberg. Smetak hebt gleichzeitig den Unterschied zu anderen Strukturen hervor: „Wir sind kein Investoren-MVZ. Natürlich müssen die Zahlen stimmen, aber wir stellen ärztliche Unabhängigkeit und Patientenorientierung in den Mittelpunkt.“
Das neue MEDI-MVZ in Ditzingen startete Anfang Juli 2025 mit vier erfahrenen Ärzten aus den bisherigen drei Einrichtungen. Wenn Ende 2025 ein älterer Hausarzt ausscheidet, wird eine junge Kollegin voraussichtlich 2027 dazustoßen sowie eine Ärztin, die in einer der übernommenen Praxen ihre Weiterbildung absolviert. Bereits ab Herbst werden weitere Nachwuchsärztinnen und -ärzte ausgebildet – darunter auch ein syrischer Arzt, der aktuell noch auf die Anerkennung seiner Approbation wartet.
Mehr Zeit für die Patientenversorgung
Von den neuen Strukturen profitieren nicht zuletzt die Patientinnen und Patienten. „Die Ärztinnen und Ärzte haben mehr Zeit für die Patientenbehandlung, weil sie von Bürokratie entlastet sind“, sagt Bieg. „Vorher mussten Praxen teilweise Aufnahmestopps verhängen – das wollen wir unbedingt vermeiden.“ Die räumliche und organisatorische Integration der Bestandspraxen mit unterschiedlichen Abläufen und gewachsenen Strukturen an drei Standorten ist auch eine Herausforderung. Durch Verzögerungen bei den Baumaßnahmen konnte das MVZ – anders als geplant – nicht unmittelbar am gemeinsamen
neuen Standort starten. „Es wäre einfacher gewesen, gleich in neue Räume zu ziehen, mit denen die Veränderung auch nach außen deutlich sichtbar ist“, räumt Bieg ein.
Transparente Kommunikation mit den Beteiligten
Kein Wunder also, dass der Zusammenschluss im Praxisbetrieb auch einmal ein bisschen holpert. „Es ist nicht so, dass ich am Freitag meine BAG schließe und sie am Montag völlig geräuschlos als MVZ weiterläuft“, gibt er zu bedenken. „Aber solange wir transparent kommunizieren und allen Beteiligten mit Respekt begegnen, lassen sich diese Herausforderungen gemeinsam bewältigen.“ Dabei kommen Bieg und seinem Team die Erfahrungen aus anderen MVZ zugute, „auch wenn sich nicht alle Strukturen einfach übertragen lassen“, sagt Bieg. In Smetaks Augen ist das gut gelungen: „Man muss Alexander Bieg und seinem Team ein großes Lob aussprechen. Sie haben viel Herzblut in das Projekt gesteckt – drei Praxen mit langjähriger Tradition zusammenzuführen, ist eine enorme Aufgabe.“
garrio als digitales Rückgrat
Mit der MVZ-Gründung war auch eine komplette IT-Umstellung verbunden: „Vorher gab es in den drei Praxen drei verschiedene Systeme – jetzt arbeiten wir durchgängig mit den Modulen der MEDI-eigenen IT-Lösung garrio“, erläutert Bieg. „Für das Management bedeutet das eine enorme Erleichterung: Wir können Personalressourcen besser steuern, wirtschaftliche Kennzahlen auswerten und Prozesse vereinheitlichen.“ garrio ist webbasiert und hat Schnittstellen zu vielen anderen Systemen – etwa zu Labor- oder EKG-Software. Smetak betont: „Der Datenschutz ist bei garrio auf einem anderen Niveau als bei kommerziellen Plattformen.“ Das gilt auch für die Geschwindigkeit, mit der Weiterentwicklungen vorangetrieben werden, wie Bieg ergänzt: „Wenn unsere Mitglieder Anregungen haben, können wir neue Funktionen schnell einbauen und in einer Testumgebung ausprobieren. Wir sind nicht Bittsteller bei einem großen Softwarehaus, sondern entwickeln aus der Ärzteschaft heraus.“
MVZ eröffnen neue Wege in die Niederlassung
Dabei bleiben persönlicher Kontakt und Gestaltungsspielraum für die Teams der MEDI-MVZ unverzichtbar. Der direkte persönliche Draht hat sich auch im Kontakt mit Kommunen und Bürgermeistern als hilfreich erwiesen, mit denen MEDI über mögliche weitere MVZ-Gründungen im Gespräch ist. Denn die Perspektive ist klar: Es soll künftig noch weitere MEDI-MVZ geben, die Versorgung sichern, ärztliche Arbeit entbürokratisieren und jungen Ärztinnen und Ärzten neue Wege in die Niederlassung eröffnen. „Wir überbrücken für Kolleginnen und Kollegen die Phase, in der Familie oder andere Gründe eine eigene Praxis noch schwierig machen“, berichtet Smetak. Dass dies keine Einbahnstraße sein muss, zeige die jüngste Entwicklung im MEDI-MVZ Aalen: „Wenn die angestellten Ärztinnen und Ärzte es wünschen, können sie später auch die volle Verantwortung für das MVZ übernehmen – dann ziehen wir uns als Betreiber auch gern wieder zurück.“
Antje Thiel