Gemeinsame Pressemitteilung – Evaluationen und Erfahrungen haben eindeutig bestätigt, dass der 2010 bundesweit erste gestartete Kardiologievertrag im Vergleich zur Regelversorgung (RV) in vielen Bereichen vorteilhafter ist. So hat etwa eine vom GBA-Innovationsfonds geförderte Evaluation signifikant höhere Überlebensraten bei chronischer Herzinsuffizienz (HI) und Koronarer Herzkrankheit (KHK) belegt. Die Hochrechnung wies schon nach zwei Jahren 267 vermiedene Todesfälle bei den selektivvertraglichen Versicherten mit HI und 343 bei Versicherten mit KHK aus. Ferner lag die Überweisungsquote im Facharztvertrag bei nahezu 100 Prozent, in der KV-Kontrollgruppe bei lediglich zwei Drittel. Außerdem traten deutlich weniger Klinikaufenthalte und Liegezeiten bei niedrigeren Gesamtkosten auf. Die Wissenschaftler führten die Unterschiede zurück auf die verbindliche Versorgungssteuerung, eine intensivere Patientenbetreuung, die Optimierung der Arzneimitteltherapie und höhere Qualitätsanforderungen für die derzeit beteiligten 246 Ärztinnen und Ärzten und ihre Angestellten. Teilnehmende Kardiologen müssen als Qualitätsnachweis unter anderem pro Quartal 150 Ultraschalluntersuchungen, davon mindestens 100 Echokardiographien, nachweisen. Pro Quartal werden fast 60.000 Patientinnen und Patienten versorgt.
Die Vertragspartner des Kardiologievertrags der AOK Baden-Württemberg sind Bosch BKK, MEDI Baden-Württemberg, die MEDIVERBUND AG, der Bundesverband niedergelassener Kardiologen (BNK), die BNK Service GmbH, sowie der Berufsverband niedergelassener fachärztlich tätiger Internisten (BNFI). Johannes Bauernfeind, Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Württemberg, betont: „Die Weichen wurden von den Partnern vor 15 Jahren richtig gestellt. Eine bessere Versorgungssteuerung basierend auf passgenauen regionalen Strukturen mit strukturierten Therapiepfaden für relevante Indikationsbereiche führen nachhaltig zu Qualitätsvorteilen bei geringeren Kosten. Der Vertrag wird auch in den nächsten 10 Jahren Vorreiter in der ambulanten Kardiologie Deutschlands sein.“
Ein spezielles Ziel des vertraglich verknüpften Haus- und Facharztprogrammes ist es, den Patient-innen und Patienten potenziell vermeidbare und belastende Krankenhausaufnahmen zu ersparen. Die Evaluation zeigte, dass schon innerhalb von nur zwei Jahren bei HI-Patienten 1.068 und bei KHK-Patienten 1.128 Klinikeinweisungen vermieden wurden. In der HI-Analyse waren 13.404 Versicherte in der Selektivvertrags- und 8.776 in der Kontrollgruppe der Regelversorgung. In der KHK-Auswertung betrug das Verhältnis 19.537 zu 16.696 Versicherten.
Dr. Norbert Smetak, Vorstandsvorsitzender von MEDI Baden-Württemberg und MEDI GENO Deutschland, äußert sich dazu: „Die Evaluationsergebnisse unseres Kardiologievertrags sprechen für sich und zeigen, wie gesteckte Versorgungsziele gemeinsam erreicht wurden. Hinzu kommt, dass Ärztinnen und Ärzte in der Regelversorgung bei vielen schweren Fällen häufig mit betriebswirtschaftlichen Problemen konfrontiert sind. Im Kardiologievertrag hingegen gibt es ein planbares Honorar. Anders als im Kollektivvertrag wird jeder Behandlungsfall vergütet, was eine dauerhaft intensivere ambulante Versorgung ermöglicht und zu geringeren Krankenhausaufnahmen führt.“
PD Dr. Ralph Bosch, Landesvorsitzender des BNK in Baden-Württemberg, betont: „Zudem gibt es zusätzliche Leistungen, die schnell und evidenzbasiert in die ambulante Versorgung eingebracht werden. Ein Beispiel ist die Einführung der ambulanten Magnetresonanztomografie. Niedergelassene Kardiologinnen und Kardiologen, die die vereinbarten Qualifikationsanforderungen erfüllen, können diese in einer fachübergreifenden Kooperation mit Radiologinnen und Radiologen als ambulante Leistung durchführen und abrechnen. Insgesamt sind wir mit dem Vertrag sehr zufrieden.“
Frieder Spieth, Vorstand der Bosch BKK, fügt hinzu: „Der Kardiologievertrag verschafft den Ärztinnen und Ärzten Zeit für eine intensive Versorgung und eine ausführliche Information und Beratung. Die Gesundheitskompetenz der Patientinnen und Patienten wird nachhaltig gestärkt und die Versorgungsqualität verbessert. Dabei können im Sinne einer interdisziplinären Zusammenarbeit auch Patientenbegleiterinnen und Patientenbegleiter der Bosch BKK und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Sozialen Dienstes der AOK zum Einsatz kommen, die den Betroffenen vertrauensvoll mit Rat und Tat zur Seite stehen.“
Hintergrundinformationen – zusätzliche Leistungen des Kardiologievertrags:
- Seit 2012 wurde bundesweit erstmalig die ambulante Implantation eines Ereignisrekorders vertraglich vereinbart. Dies ist bei Patientinnen und Patienten mit unklarer Bewusstlosigkeit (Synkopen) ein wichtiges diagnostisches Instrument, das die Zeit bis zur korrekten Diagnose einer zugrundeliegenden Rhythmusstörung erheblich verkürzen kann. Weiterhin kann damit bei einem unklaren Schlaganfall Vorhofflimmern diagnostiziert werden – die häufigste Ursache des Schlaganfalls.
- Seit 2013 werden die Materialkosten für die Druckdrahtmessung bei einer diagnostischen Herzkatheteruntersuchung übernommen. Das erlaubt den Nachweis, ob die Minderdurchblutung des Herzmuskels so gravierend ist, dass ein Stent oder eine Bypassoperation nötig ist.
- Seit 2016 können auch Ereignisrekorder der neuesten Generation verwendet werden, die noch genauer in der Diagnose und für den Patientinnen und Patienten komfortabler sind
(z. B. automatische Telemetrie). - 2017 wurde die ambulante Implantation von ICDs und CRT-Systemen aufgenommen. Mit ICDs können lebensbedrohliche Rhythmusstörungen der Herzkammer (VT oder Kammerflimmern), die in über 80 Prozent der Fälle die Ursache für einen plötzlichen Herztod sind, durch eine Elektrostimulation- oder Schockabgabe beendet werden. Die kardiale Resynchronisationstherapie (CRT) ist eine wichtige nicht-medikamentöse Therapieoption bei Patientinnen und Patienten mit bestimmten Formen der Herzschwäche und führt zu einer deutlichen Reduktion von Krankenhausaufenthalten und der Mortalität.
- 2020 wurde die Magnetresonanztomografie (MRT) aufgenommen. Das Verfahren eignet sich für die weitergehende Abklärung spezieller Fragestellungen nach der obligatorischen Echokardiographie oder zum Nachweis einer Durchblutungsstörung des Herzmuskels.
- Seit 2024 erfolgt die Therapie unter Berücksichtigung einer geschlechterspezifischen Versorgung. Zudem wird eine krankheitsspezifische Beratung zu klima- und umweltbezogenen Kontextfaktoren im Sinne einer klimaresilienten Versorgung beachtet.
Pressekontakte
AOK Baden-Württemberg, Tel.: 0711 6525-214, presse@bw.aok.de
BNK Baden-Württemberg, Tel.: 02431-2050, presse@bnk.de
Bosch BKK, Tel.: 0711 252918-755, kerstin.dietrich@bosch-bkk.de
Pressekontakt:
MEDI Baden-Württemberg e.V.
Jill Sayer
E-Mail: jill.sayer@medi-verbund.de
Tel.: (0711) 80 60 79-219
www.medi-verbund.de