Der fachübergreifende Ärzteverband MEDI GENO Deutschland e. V. fordert angesichts der aktuellen Ergebnisse des DKV-Gesundheitsreports und der Debatten um steigende Krankenkassenbeiträge mehr Prävention sowie Eigenverantwortung von den Bürgerinnen und Bürgern in Deutschland. Lebensstil-, aber auch Verhaltensänderungen belasten das Gesundheitswesen zunehmend. Zudem müssten Präventionsangebote und die Gesundheitskompetenz der Bürgerinnen und Bürger dringend gefördert werden.
„Wenn wir über die Belastung unseres Gesundheitssystems diskutieren, müssen wir auch ehrlich darüber sprechen, was jeder Einzelne dafür tun kann. Adiposität und mangelnde Bewegung, auch schon bei unseren Kindern, sind ein wachsendes und sehr ernstzunehmendes Problem, das mit schweren Folgeerkrankungen einhergeht. Der aktuelle DKV-Gesundheitsreport zeigt, dass nur zwei Prozent der Deutschen wirklich gesund leben. Das ist mehr als besorgniserregend! Wir brauchen dringend mehr Präventionsangebote und auch gesundheitliche Aufklärung – schon in den Schulen. Denn auch in puncto Gesundheitskompetenz sind wir Schlusslicht in Europa. Deutschland kränkelt im wahrsten Sinne des Wortes“, mahnt Dr. Norbert Smetak, Vorsitzender von MEDI GENO Deutschland e. V. und praktizierender Kardiologe in Kirchheim unter Teck.
Der Report „Wie gesund lebt Deutschland?“ der Deutschen Krankenversicherung (DKV), der in dieser Woche erschien, zeigt, dass knapp jeder Fünfte in puncto Bewegung komplett inaktiv ist. Die Deutschen sitzen laut Report an den Arbeitstagen durchschnittlich über zehn Stunden täglich – das ist Rekordniveau. Auch in Sachen Stressbewältigung rutschen die Werte im neuen Bericht deutlich nach unten: Nur 20 Prozent der Befragten gelingt demnach ein gesunder Umgang mit Stress.
Aktuelle Ergebnisse des „Health Inclusivity Index“ zeigen: Eine Verbesserung der Gesundheitskompetenz in Deutschland um 25 Prozent würde das Gesundheitssystem jährlich um rund 22 Milliarden Euro entlasten. Präventionsangebote müssen laut Verband zudem ausgebaut werden. „Wir müssen wegkommen vom Reparatursystem und mehr in die Gesundheitserhaltung investieren. Das reduziert auch die Pflegebedürftigkeit“, so der Kardiologe.
Dabei könne jeder mitmachen: Schon 20 Minuten moderate Bewegung am Tag kann das Sterblichkeitsrisiko signifikant reduzieren, so der Kardiologe. Ein gesunder Lebensstil mit täglicher Bewegung, ausreichendem Schlaf und möglichst geringem Konsum von Alkohol, digitalen Medien sowie hochverarbeiteten Lebensmitteln sei zudem keine Frage des Geldes. „Das kann sich jeder leisten und das sollte sich auch jeder wert sein. Der aktuelle Lifestyle vieler Menschen belastet nicht nur die Betroffenen selbst, sondern letztlich die ganze Solidargemeinschaft. Wir sollten uns alle aufraffen, etwas mehr für uns zu tun. Ansonsten werden unsere Gesundheitskosten weiter explodieren“, warnt Smetak.
Dr. Christian Messer ist stellvertretender Vorsitzender von MEDI GENO Deutschland e. V und Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie in Berlin. Auch Messer plädiert für mehr Eigenverantwortung bei den Patientinnen und Patienten: „Die Psychotherapie ist in bestimmten Bevölkerungsgruppen in den vergangenen Jahren auch zu einer Art Lifestyle geworden. Immer mehr Menschen, die zu mir kommen, benötigen keine Psychotherapie, sondern eher eine Art Life-Coach. Damit strapazieren sie unsere begrenzten Kapazitäten für die Menschen, die krank sind und unsere Unterstützung dringend und schnell benötigen.“
Zudem beobachte Messer zunehmend eine Art Therapeuten-Hopping. „Manche Patientinnen und Patienten testen erst einmal drei oder mehr Therapeutinnen und Therapeuten aus, um sich zu entscheiden, wer am besten passt, andere sagen verbindlich vereinbarte Ersttermine nicht ab. Und all das auf Kosten aller Versicherter. Das kann sich unser System nicht mehr leisten“, kritisiert der praktizierende Facharzt.
„Wir müssen die Bürgerinnen und Bürger künftig mehr in die Pflicht nehmen, damit unser Gesundheitssystem in den kommenden Jahren nicht kollabiert. Ein hoher Anteil unserer Kolleginnen und Kollegen geht in den kommenden Jahren in den Ruhestand. Uns fehlen schon heute bundesweit niedergelassene Haus- und Fachärztinnen und -ärzte sowie Psychotherapeutinnen und -therapeuten. Alle müssen mit unseren begrenzten Kapazitäten ressourcenschonender umgehen“, fasst Smetak zusammen.
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