Notfallreform: Zusätzliche Leistungen müssen vergütet werden und dürfen ambulante Versorgung nicht gefährden

20. November 2025

Der fachübergreifende Ärzteverband MEDI GENO Deutschland e. V. begrüßt die geplante Notfallreform, warnt aber zugleich vor erheblichem zusätzlichen Personalaufwand und einer gefährlichen Ressourcenverschiebung, die die reguläre ambulante Versorgung gefährden könnte. Der Verband fordert Zusatzvergütungen sowie Refinanzierungen für die vorgesehenen 24/7-Versorgungstrukturen sowie die Einbindung der niedergelassenen Ärzteschaft in die Reformvorhaben.

„Seit Jahren warten wir auf die dringend nötige Notfallreform und begrüßen es, dass die Bundesregierung sie im ersten Regierungsjahr auf den Weg bringt. Wir brauchen mehr Patientensteuerung in unserem System. Die Reform muss aber unter realistischer Berücksichtigung des drastischen Fachkräfte- und Ärztemangels erfolgen. Wir sehen eine große Gefahr, dass die Ressourcenverschiebung zulasten der regulären ambulanten Versorgung geht – vor allem der chronisch Erkrankten. Wir dürfen die Versorgungslücken nicht verschieben“, mahnt Dr. Norbert Smetak, Vorsitzender von MEDI GENO Deutschland e. V. und niedergelassener Kardiologe.

MEDI GENO Deutschland fordert zudem Zusatzvergütungen und Refinanzierungen für die geplanten 24/7-Versorgungstrukturen – auch für die telemedizinischen Leistungen. “Eine 24-Stunden-Bereitstellung von Videosprechstunden und Fahrdiensten sowie die damit verbundenen Dokumentationen und digitalen Investitionen sind Zusatzleistungen für die Vertragsärztinnen und Vertragsärzte und müssen entsprechend vergütet werden. Wir benötigen zudem Honorierungsmodelle für telemedizinische Akutleistungen. Sie könnten auch in bestehende Selektivverträge integriert werden“, so Smetak.

Der MEDI-Chef fordert auch klare Haftungsgrenzen für telemedizinische Einschätzungen und Beratungen. Zudem müssten laut Smetak auch Patientinnen und Patienten mehr Eigenverantwortung übertragen werden, indem verpflichtende Elemente in das Gesetz zur Notfallreform integriert werden. „Auch Patientinnen und Patienten können selbst zur effizienten Steuerung beitragen, indem sie die vorgegebenen Versorgungspfade auch konsequent einhalten“, betont Smetak.

Auch Dr. Ralf Schneider, stellvertretender Vorsitzender von MEDI GENO Deutschland und praktizierender Hausarzt im MEDI-MVZ in Rheinland-Pfalz, sieht den aktuellen Entwurf zur Notfallreform kritisch: „Wir brauchen im Vorfeld aussagekräftige Belastungsanalysen und Mindestvoraussetzungen für die personelle Ausstattung. Es darf keine Verlagerung unserer regulären Versorgungszeit in nicht gedeckte Notdienstzeiten geben.“ Schneider weist darauf hin, dass die Niedergelassenen in die Ausgestaltung der Notfallreform eingebunden werden müssen. „Wir werden einen großen Teil der Notfallmedizin abdecken und sollen die Kliniken entlasten. Dafür müssen wir aber unsere Erfahrungen und Überzeugungen in die INZ-Konzepte mit einbringen“, sagt Schneider.

„Die Notfallreform setzt mit klaren bundesweit einheitlichen Ersteinschätzungs-strukturen und der Verzahnung der Notrufnummern 116117 und 112 auf richtige Lösungen. Das muss aber mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen funktionieren – sonst wird die Reform scheitern. Eine Verpflichtung zu einer täglichen 24-Stunden-Versorgung erfordert eine entsprechende Finanzierung, realistische Personalplanung und klare Abgrenzungen. Ziel muss ein umsetzbares und qualitativ hochwertiges Notfallversorgungssystem sein, das nicht die Regelversorgung gefährdet“, fasst Smetak zusammen.

Tanja Reiners

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