Die fachübergreifenden Ärzteverbände MEDI GENO Deutschland e. V. und MEDI Baden-Württemberg e. V. begrüßen die Beschwerde der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) bei der Europäischen Kommission in Brüssel, die sich gegen Wettbewerbsnachteile zulasten der ambulanten Versorgung richtet. Die Ärzteverbände weisen in diesem Zusammenhang auf ein notwendiges Streikrecht für die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte und Psychotherapeutinnen und -therapeuten hin, für das sich MEDI seit 2012 juristisch einsetzt. Laut Ärzteverbänden kann die niedergelassene Ärzteschaft ihre Interessen ohne Streikrecht nicht ausreichend durchsetzen.
In dieser Woche legte die KBV eine Beschwerde bei der EU-Kommission in Brüssel ein. Hintergrund ist die geplante Krankenhaus-Strukturreform der Bundesregierung, die laut KBV zu Lasten und zum Nachteil der niedergelassenen Ärzteschaft geht. Die KBV möchte die „Wettbewerbsnachteile gegenüber den Kliniken nicht hinnehmen“, heißt es in ihrer Pressemitteilung vom vergangenen Montag.
„Wir unterstützen die Beschwerde der KBV. Durch die geplante Krankenhausreform können Kliniken künftig noch umfassender an der ambulanten Versorgung teilnehmen – und das mit Hilfe steuerfinanzierter Investitionen. Das ist nicht wettbewerbskonform. Die Vertragsärztinnen und -ärzte müssen ihre Investitionskosten weiterhin selbst tragen“, mahnt Dr. Norbert Smetak, Vorsitzender von MEDI Baden-Württemberg e. V., MEDI GENO Deutschland e. V. und praktizierender Kardiologe.
Die beiden Ärzteverbände fordern ein Streikrecht für die niedergelassene Ärzte- und Psychotherapeutenschaft. „Wenn wir, wie die Kliniken, unsere Forderungen durch Streiks konsequenter umsetzen könnten, bräuchten wir auch keine Beschwerden bei der EU einzulegen“, so Smetak. Auch hier zeige sich eine Ungerechtigkeit.
Zum Hintergrund: Seit 2012 setzt sich MEDI für das Streikrecht für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte auch juristisch ein. Artikel 9 Absatz 3 des Grundgesetzes lautet: „Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet“. Eine vergleichbare Formulierung findet sich in der Europäischen Menschenrechtskonvention. Dazu gehört aus Sicht von MEDI auch das Streikrecht, das niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten verwehrt ist. MEDI hatte ein Verfahren initiiert, bei dem das Bundessozialgericht das Streikrecht insbesondere unter Hinweis auf die Besonderheiten des Vertragsarztsystems des SGB V abgelehnt hatte. Das Bundesverfassungsgericht lehnte die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Bundessozialgerichts ab, so dass MEDI vor über zwei Jahren Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingelegt hat. Leider ist das Verfahren noch nicht weiter fortgeschritten.
„Wir niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte übernehmen 90 Prozent der Versorgung in Deutschland. Diese bewusste Ungleichbehandlung durch Herrn Lauterbach zeigt uns vor allem eins: einen weiteren Schritt Richtung Staatsmedizin. Für die Patientinnen und Patienten bedeutet das künftig eine anonymere, nicht am Patienten orientierte und damit qualitativ geschwächte medizinische Versorgung“, ergänzt Dr. Ralf Schneider, stellvertretender Vorsitzender von MEDI GENO Deutschland e. V. und praktizierender Facharzt für Allgemeinmedizin.
Tanja Reiners