Nach der schriftlichen Urteilsbegründung zum sogenannten Poolärzte-Urteil des Bundessozialgerichts vom 24. Oktober 2023 in dieser Woche fordert der fachübergreifende Ärzteverband MEDI Baden-Württemberg e. V. die Politik auf, schnell zu handeln und die Gesetzeslage für Poolärztinnen und -ärzte anzupassen. Sonst drohe eine weitere spürbare Schwächung der ambulanten medizinischen Versorgung.
Zum Hintergrund: Am 24. Oktober 2023 hat das Bundessozialgericht (BSG) entschieden, dass eine Tätigkeit im (zahn-)ärztlichen Bereitschaftsdienst als sogenannter Poolarzt sozialversicherungspflichtig ist. Aufgrund dieses Urteils hat die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) die Tätigkeit der rund 3.000 Poolärztinnen und -ärzte mit sofortiger Wirkung beendet. Die Folge: reduzierte Notdienstzeiten und weniger Sprechzeiten in der Regelversorgung.
„In der aktuellen schriftlichen Urteilsbegründung wird zwar ausgeführt, dass keine allgemeinverbindliche, für alle denkbaren Formen des vertragsärztlichen Notdienstes gleichermaßen geltende Feststellung getroffen worden ist. Da immer der konkrete Einzelfall zu betrachten ist, bedeutet das aber im Umkehrschluss für uns, dass wir keine sogenannten Leitplanken festlegen können, die eine Sozialversicherungspflicht rechtssicher ausschließen“, kommentiert der Vorstandsvorsitzende der MEDIVERBUND AG und Volljurist Dr. Wolfgang Schnörer das Urteil.
Laut Ärzteverband MEDI bedeutet das für die Kassenärztlichen Vereinigungen, neue Beschäftigungsmodelle für Poolärztinnen und -ärzte zu entwickeln. Hinzu komme ein erheblicher Verwaltungsaufwand. „Da entstehen immense zusätzliche Kosten, die am Ende von den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten getragen werden müssen, wenn es dafür keine zusätzlichen Budgets gibt. Das schwächt die ohnehin schon angespannte Lage der ambulanten Versorgung deutlich“, mahnt Dr. Norbert Smetak, Vorsitzender von MEDI Baden-Württemberg e. V.
Für viele der bisherigen Poolärztinnen und -ärzte würde sich die Tätigkeit zudem nicht mehr lohnen, sodass die Notdienste laut MEDI weiter eingeschränkt werden müssen. MEDI weist auf die Notärztinnen und -ärzte im Rettungsdienst hin, die durch gesetzliche Regelung ausdrücklich nicht sozialversicherungspflichtig seien. „Für uns muss es sehr schnell eine ähnliche Regelung geben. Auch unsere Kolleginnen und Kollegen im ärztlichen Bereitschaftsdienst sind systemrelevant“, so Smetak. Der Ärzteverband fordert die Politik und explizit das Bundesministerium für Arbeit und Soziales auf, die Gesetzeslage für die Poolärztinnen und -ärzte im ärztlichen Bereitschaftsdienst sachgerecht anzupassen. „Wenn die Politik nicht schnell handelt, hat das fatale Folgen für die medizinische Versorgung der Bevölkerung“, betont Smetak.
Tanja Reiners