Neue Terminvermittlungen sorgen für Diskussionen mit Patientinnen und Patienten

Ende vergangenen Jahres wurde trotz massiver Proteste der Ärzteschaft die sogenannte Neupatientenregelung für die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte abgeschafft. Seit Januar werden Terminvermittlungen jetzt durch die Hausärztinnen und -ärzte und die Terminservicestellen (TSS) neu geregelt. Der Ärzteverband MEDI Baden-Württemberg e. V. kritisiert diese Gesetzesänderung im Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG). Sie schaffe mehr Bürokratie und Diskussionen mit Patientinnen und Patienten und führe am Ende wieder zu längeren Wartezeiten für Termine bei Fachärztinnen und -ärzten.

„Die neuen Terminvermittlungen sorgen für Chaos in den Praxen und wieder längeren Wartezeiten für Patientinnen und Patienten. Die Regelungen sind so komplex, dass keiner mehr durchsteigt. Die Hausärztinnen und -ärzte als Terminlotsen führen Diskussionen am Tresen mit ihren Patientinnen und Patienten über die medizinische Dringlichkeit bei der Terminvermittlung an die Fachärztinnen und -ärzte“, fasst Dr. Norbert Smetak, stellvertretender Vorstandsvorsitzender von MEDI Baden-Württemberg e. V, die aktuelle Lage in den Praxen zusammen.

Zum Hintergrund: Die Neupatientenregelung wurde 2019 gesetzlich beschlossen und eingeführt, um neue Ressourcen bei Fachärztinnen und -ärzten zu schaffen und schnellere Terminvergaben zu ermöglichen. Eine Analyse des Zentralinstituts für die Kassenärztliche Versorgung zeigt, dass im ersten Quartal 2022 die Zahl der Neupatientenfälle mit 27,1 Millionen so hoch war wie noch nie seit Einführung der Regelung im Frühjahr 2019. „Viele Fachärztinnen und -ärzte haben ihre Praxen entsprechend organisiert und mehr Personal eingestellt. Das hat zu einer Verbesserung der Versorgung von Neupatientinnen und -patienten geführt und sowohl die Hausärztinnen und -ärzte als auch die Notfallambulanzen der Kliniken entlastet“, erklärt der MEDI-Vizechef und Kardiologe.

Anstelle der Neupatientenregelung greift nun ein mehrstufiges Terminvermittlungsverfahren, bei dem die Hausärztin oder der Hausarzt oder die Terminservicestellen (TSS) als Terminlotse nach medizinischer Dringlichkeit Termine bei den Fachärztinnen und -ärzten vermittelt.

Durch die Streichung der Neupatientenregelung würden viele Praxen ihre geschaffenen Ressourcen wieder zurückfahren, sodass es künftig wieder schwieriger für Patientinnen und Patienten werde, Termine bei Fachärztinnen und Fachärzten zu erhalten. „Wir haben einen zunehmenden Ärztinnen- und Ärztemangel. Unsere Termine in den Praxen sind über Monate ausgebucht und unsere Praxisteams arbeiten am Limit. Dazu kommt die Budgetierung unserer Leistungen. Das bedeutet konkret, dass ein großer Teil unserer Leistungen gar nicht bezahlt wird. Wenn dann noch die finanziellen Anreize für die Versorgung von neuen Patientinnen und Patienten wegfallen, die wesentlich aufwendiger ist als die Versorgung der Stammpatientinnen und -patienten, können wir auch keine weiteren Termine mehr anbieten – so leid es uns für unsere Patientinnen und Patienten tut“, so Smetak.

Mit weiteren Ärzteprotesten will MEDI auf die Misere aufmerksam machen und die Politik auffordern dringend zu handeln, um die ambulante Versorgung nicht weiter zu gefährden. Dazu seien auch alle Patientinnen und Patienten eingeladen.