Sozialgericht Stuttgart lehnt in erster Instanz Klage gegen Honorarabzug bei Nichtinstallation des TI-Konnektors ab

MEDI GENO Deutschland und MEDI Baden-Württemberg unterstützen die Klagen von Ärztinnen und Ärzte, die sich gegen den Honorarabzug durch die Kassenärztlichen Vereinigungen bei Nichtinstallation des Telematikinfrastruktur-Konnektors wenden. Jetzt gab es eine erste Entscheidung des Sozialgerichts Stuttgart.

Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen, aber die Berufung zum Landessozialgericht wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Verfahrens zugelassen.

Im Rahmen der bereits im Januar 2020 eingereichten Klage wurde geltend gemacht, dass die Regelungen zum Benutzungs-/Anschlusszwang zumindest in der 2019 geltenden gesetzlichen Ausgestaltung gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) verstießen und Ärztinnen und Ärzte in ihrem Grundrecht der Berufsfreiheit verletzten und daher auch kein Honorarabzug vorgenommen werden könne, wenn ein Arzt oder eine Ärztin wegen dieser Sicherheits- und Regelungsdefizite von einem Anschluss seiner Praxis an die TI absah. Die vielen Sicherheitsvorkommnisse in der TI und die inzwischen vom Gesetzgeber (z. B. im Herbst 2020 im Rahmen des Patientendatenschutzgesetz) vorgenommenen gesetzlichen Nachbesserungen werten MEDI GENO Deutschland und MEDI Baden-Württemberg als Nachweise für ihren Rechtsstandpunkt.

Das Gericht hielt die Position des Klägers zwar für nachvollziehbar, schloss sich jedoch den klägerischen rechtlichen Argumenten im Ergebnis nicht an und sah die daten- und verfassungsrechtlichen Mindestanforderungen auch in der Gesetzesfassung von 2019 als gewahrt und damit den Honorarabzug für durchsetzbar an. Die detaillierte schriftliche Urteilsbegründung des Gerichts ist nun abzuwarten.

In der mündlichen Erläuterung bei Urteilsverkündung ließ das Gericht erkennen, dass es zur Wahrung des Datenschutzes und der Datensicherheit die im Gesetz vorgesehene Beteiligung des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik und des Bundesdatenschutzbeauftragten bei der Einführung des Konnektors für ausreichend hält. Der Kläger hatte dagegen argumentiert, dass diese Beteiligung nicht die Anforderungen aus einschlägigen Urteilen des Bundesverfassungsgerichts an eine ausreichende gesetzliche Regelung zur Datensicherheit erfüllen, was auch die anschließenden tatsächlichen Sicherheitsdefizite in der Praxis und das gesetzgeberische Nachsteuern zeigten.

Trotz der erstinstanzlichen ablehnenden Entscheidung vertreten MEDI GENO und MEDI Baden-Württemberg weiterhin nachdrücklich die Position, dass die Anschlusspflicht an die Telematikinfrastruktur vor dem Hintergrund der von den Klägern geltend gemachten datenschutzrechtlichen Unzulänglichkeiten und der Sicherheitsmängel der TI-Struktur am Ende keinen Bestand haben kann. Auf die vielfachen Sicherheitsmängel ging das Gericht trotz detailliertem Klägervorbringen und vom Kläger eingeholter Gutachten nicht ein.

MEDI-Vorstandsvorsitzender und Klageführer Dr. Werner Baumgärtner erklärt, dass „keine Haftung übernommen werden kann für Komponenten, die unter Zwang in den Praxen installiert werden müssen, ohne diese wirklich prüfen zu können“. „Dass die Praxen in der Pandemie mit zweieinhalb Prozent Honorarabzug bestraft werden, weil sie den unsicheren Konnektor nicht installieren wollen, ist unzumutbar. Wir brauchen eine sinnvolle Digitalisierung im Gesundheitswesen, die ohne Zwang und Strafen auskommt“, betont Baumgärtner. Er fügt hinzu: „Es ist unverständlich, dass das Sozialgericht Stuttgart trotz einer Verfahrensdauer von zwei Jahren die technischen Sicherheitsmängel der TI-Konnektoren nicht näher betrachtet hat, weswegen die gerichtliche Klärung in der nächsten Instanz fortgesetzt werden muss.“

Frank Hofmann

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