Fünf Jahre Urologievertrag der AOK Baden-Württemberg: Das Konzept funktioniert

Bei sensiblen Erkrankungen wie Blasenschwäche oder Prostatakrebs ist ein vertrauensvolles Arzt-Patienten-Verhältnis eine wesentliche Voraussetzung für eine höhere Versorgungsqualität. Genau dort setzt der am 1. Oktober 2016 gestartete Vollversorgungsvertrag von AOK Baden-Württemberg und Bosch BKK an: Neben moderner Apparatemedizin profitieren die Versicherten davon, dass der behandelnde Arzt mehr Zeit für Information, Beratung und gemeinsame Entscheidungsfindung hat.

Möglich macht das eine Honorarsystematik, die den krankheitsspezifisch unterschiedlichen Zeitaufwand adäquat abbildet. Für die erforderlichen höheren Qualitätsanforderungen und Mehrleistungen im Urologievertrag erhalten die Fachärzte ein leistungsgerechtes Honorar ohne Mengen- oder Fallzahlbegrenzung. Die derzeit 145 teilnehmenden Urologen sind zufrieden, denn der Paradigmenwechsel ist im Praxisalltag gut angekommen. Vertragspartner auf ärztlicher Seite sind MEDI Baden-Württemberg, der Berufsverband der Deutschen Urologen (BvDU) sowie die Arbeitsgemeinschaft der niedergelassenen Urologen e.V. (AGNU).

Patienten mit ins Boot holen
Ein wichtiges Vertragsziel ist es, den Patienten notwendiges Wissen über ihre Erkrankung zu vermitteln und Behandlungs- und Früherkennungsmöglichkeiten verständlich, ausführlich und ergebnisoffen zu erläutern. So sollen sie in die Lage versetzt werden, an ihrer Therapie aktiv mitzuwirken und Wünsche, Erwartungen und Fragen deutlicher formulieren zu können. Ein hoher Beratungsbedarf besteht beispielsweise bei der Therapie von Prostatakrebs, da die Tumore sich in ihrer Aggressivität unter-scheiden und ein differenziertes Vorgehen erfordern.

Dr. Michael Rug, 1. Vorsitzender des BvDU-Landesverbands Baden und der AGNU zieht nach fünf Jahren ein positives Fazit: „Der Vertrag hält, was er versprochen hat und kommt bei den niedergelassenen Urologen gut an. Gerade für notwendige Beratungsgespräche bekommen wir im Vergleich zur Regelversorgung jetzt etwa doppelt so viel Zeit für unsere Patienten bezahlt. Und die Aufklärung und Beratung zum Prostata-CA im Rahmen der Früherkennung mit fakultativer Bestimmung des PSA-Wertes ist einzigartig. Eine wichtige Neuerung ist auch die Entlastungsassistentin in der Facharztpraxis (EFA®), da sie eine intensivere Patientenbetreuung ermöglicht und uns Ärzte bei wichtigen Routinearbeiten entlastet. Patienten profitieren außerdem von schnelleren Terminen. Last but not least liegt der durchschnittliche Fallwert seit Beginn konstant rund 25 bis 30 Prozent höher als in der Regelversorgung.“

Ärzte und AOK entwickeln ihren Vertrag immer weiter
Die Versorgung im Urologievertrag erfolgt auf Basis evidenzbasierter, praxiserprobter Behandlungsempfehlungen, die von den Vertragspartnern konsentiert und stetig aktualisiert werden. Die konsequente Qualitätsorientierung kommt im Vertrag auch durch verbindlich geregelte Fortbildungsstrukturen zum Ausdruck.

Für teilnehmende Urologen sind pro Jahr mindestens zwei Fortbildungen mit ins-gesamt mindestens acht CME-Punkten zu facharzttypischen Behandlungsproblemen verpflichtend. Der Vorstandsvorsitzende der AOK Baden-Württemberg, Johannes Bauernfeind, kommentiert: „Der Urologievertrag verbessert die Versorgungsqualität, weil es insbesondere gelungen ist, dem individuellen Arzt-Patientengespräch mit ausführlicher Beratung und partnerschaftlicher Entscheidungsfindung einen zentralen Platz im Praxisalltag einzuräumen. Bekanntlich ist die Finanzierung der GKV in den letzten Jahren durch kostspielige Reformen erheblich unter Druck geraten. Und dass sich auftuende Finanzloch wird sich weiter vergrößern. Da die Facharztverträge in Verbindung mit der HZV für eine bessere und wirtschaftlichere Versorgung stehen, werden wir trotz dieser Belastungen gemeinsam mit unseren ärztlichen Partnern alles daransetzen, diese Erfolgsgeschichte fortzuführen.“

Vorteil für chronisch kranke und multimorbide Patienten
Von der strukturierten und qualitätsbasierten Zusammenarbeit der Haus- und Fachärzte profitiert vor allem die seit Jahren zunehmende Gruppe chronisch kranker und multimorbider Patienten, die mit rund 60 Prozent das Gros der 1,76 Millionen HZV-Teilnehmer und der knapp 800 Tausend Teilnehmer im Facharztprogramm ausmachen. Dr. Werner Baumgärtner, Vorstandsvorsitzender von MEDI Baden-Württemberg und MEDI GENO Deutschland sagt dazu: „Die teilnehmenden Urologen haben insbesondere für schwer kranke Patienten mehr Zeit, damit deren Behandlung intensiver sein kann und unnötige Operationen und belastende Krankenhausaufenthalte vermieden werden können. Und den Ärzten bietet der Vollversorgungsvertrag hohe Planungssicherheit und eine leistungsgerechte Vergütung und leistet so einen wichtigen Beitrag zur Sicherung einer wohnortnahen ambulanten Versorgung.“

Foto: Dr. Michael Rug

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