Köchin oder Barkeeper am Empfang?

13. Januar 2021

In vielen Arztpraxen wird nach Personal gesucht, oft monatelang ohne Erfolg. Auf der anderen Seite sind hunderttausende Menschen wegen der Pandemie arbeitslos. Was ist dran an der Idee, Quereinsteiger ohne MFA-Ausbildung einzustellen?

Hotels und Gaststätten haben geschlossen, die Arbeitslosigkeit im Gastgewerbe ist während der Pandemie um 37 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Geht da was? Müsste es Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus dem Dienstleistungssektor nicht leicht fallen, in der Arztpraxis Telefon und Empfang zu managen? „Falsch“, warnt Iris Schluckebier, „ohne medizinisches Wissen geht das schief“. Sie hat jahrelange Praxiserfahrung als MFA und arbeitet heute als Praxisberaterin und Coach, hält Seminare und zertifiziert Arztpraxen nach dem QM-System EPA. Außerdem unterstützt sie als Teilnehmerbetreuerin das PKV-Institut in München.

So wird MFA-Wissen vermittelt
Für das Weiterbildungsinstitut hat sie einen Fernlehrgang für Quer- und Wiedereinsteigerinnen mit aufgebaut. In sechs Lektionen wird aktuelles MFA-Wissen vermittelt: von Kommunikation und Datenschutz über Praxismanagement, Abrechnung, Medizin und betriebswirtschaftlichen Fragen bis hin zu persönlichen Starthilfen wie Bewerbungsunterlagen.

Eine Art Schnellkurs zur MFA? „Nein“, sagt sie, „der Lehrgang ersetzt selbstverständlich keine dreijährige duale Ausbildung, aber er erleichtert den Quereinstieg“. Trotzdem rät sie dazu, den Einstieg unbedingt gut vorzubereiten. Am Empfang oder Telefonarbeitsplatz werden Neueinsteiger sinnvollerweise erst eingesetzt, wenn sie die Abläufe und Strukturen der Praxis kennengelernt haben. Ein Pate kann dafür sorgen, dass der Einstieg klappt.

Im Team ankommen
Quereinsteiger mit Vorkenntnissen aus dem Gesundheitssektor tun sich vermutlich leichter mit der Einarbeitung. Das könnten zum Beispiel abgebrochene Medizinstudierende, Kosmetikerinnen und sogar Heilpraktiker sein. Interessant, dass neben Wiedereinsteigerinnen vor allem Pflegepersonal in die Praxis wechselt – auch Männer. „Ein Mann im Praxisteam kann das Klima positiv verändern“, berichtet Schluckebier. Wobei vor der Einstellung abgeklärt werden sollte, ob das Team Quereinsteigern überhaupt eine Chance geben will. „Die Einarbeitung ist Arbeit“, erinnert sie und wirbt ein bisschen für multidisziplinäre Teams zur Erweiterung des Praxishorizonts.

Die Stellenanzeige

Bei der Personalsuche würde sie schon in der Stellenanzeige darauf hinzuweisen, dass auch Bewerbungen von neugierigen, medizinisch interessierten Menschen erwünscht sind. Alles Weitere zeigt sich dann hoffentlich im Bewerbungsschreiben, dem Vorstellungsgespräch, bei einem Probearbeitstag oder Praktikum. Zeugnisse findet sie dagegen nicht so aussagekräftig. Und manchmal passiert es sogar, dass nicht so glänzende Schulabgänger sich für den MFA-Beruf interessieren und nach einem Quereinstieg noch eine MFA-Ausbildung starten. Andere absolvieren eine Fortbildung zur Praxismanagerin und machen den Spritzenschein.

Ruth Auschra

Social Media

Folgen Sie uns auf unseren Plattformen.

Aktuelle MEDI-Times

MEDI-Newsletter

Mit dem kostenfreien MEDI-Newsletter informieren wir Sie regelmäßig über aktuelle Themen und die neuesten Angebote. Bleiben Sie mit uns auf dem Laufenden!

Die Datenschutzerklärung habe ich zur Kenntnis genommen und bin damit einverstanden.*

Auf Facebook kommentieren!

„Diabetologische Leistungen sind im EBM nur unzureichend abgebildet“

Wachsende Patientenzahlen, steigende Anforderungen an die Therapie und fehlende Finanzierung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) stellen diabetologische Schwerpunktpraxen (DSP) bundesweit vor große Herausforderungen. Wer sich in Baden-Württemberg dem MEDI-Diabetologievertrag angeschlossen hat, ist deutlich besser dran. Der Diabetologe Dr. Richard Daikeler erläutert die Stärken des Vertrags – und erklärt, warum er den Protest der Kolleginnen und Kollegen bundesweit unterstützt.

Neues Konzept zur ambulanten Weiterbildung: „Das ist eine Investition in die Zukunft“

Neues Konzept zur ambulanten Weiterbildung: „Das ist eine Investition in die Zukunft“

Mehr ambulante Angebote, weniger Fokus auf die Kliniken – wohin die Reise bei der Weiterbildung im Fach Allgemeinmedizin gehen soll, ist eigentlich klar. Doch der Weg dorthin gestaltet sich allzu oft holprig. Ein neues Konzept von Young MEDI unter der Federführung der Allgemeinmedizinerin Dr. Christine Blum und des Orthopäden Dr. Ferdinand Gasser soll das ändern und die ambulante Weiterbildung attraktiver und zugänglicher gestalten.

Elektronische Patientenakte: MEDI fordert deutliche Verschiebung für sicheren Start –Scharfe Kritik an intransparenter Kommunikation des BMG

MEDI Baden-Württemberg e. V. fordert eine deutlich längere Testphase für die elektronische Patientenakte (ePA) und das Bundesgesundheitsministerium (BMG) auf, den Start der ePA realistisch und transparent anzupassen. Die Bedenken der Anbieter der Praxisverwaltungssysteme (PVS) müssten ernst genommen werden. Die aktuelle Kommunikation des BMG zur Zeitplanung sorge für Verwirrung bei der niedergelassenen Ärzteschaft.