MFA im MEDI-MVZ – wie ist das so?

Zwei Medizinische Fachangestellte können gut beschreiben, wie sich der Berufsalltag verändert, wenn aus der Praxis ein MVZ wird. Ingrid Sackmann (rechts im Bild) und Elisabeth Brucker arbeiten im ersten MEDI-MVZ in Baiersbronn, das aus zwei Gemeinschaftspraxen heraus entstanden ist.

Vor ein paar Jahren sah die medizinische Versorgung in Baiersbronn noch genauso düster aus wie in vielen anderen ländlichen Regionen: niedergelassene Ärzte kurz vor dem Ruhestand ohne Praxisnachfolger, verunsicherte Patienten und ratlose Bürgermeister. Ingrid Sackmann arbeitete damals gemeinsam mit zwei Kolleginnen als MFA in der hausärztlichen Gemeinschaftspraxis von Dr. Dr. Elfi Wäckers und Dr. Ludwig Wäckers. Das Arztehepaar dachte eigentlich schon länger über einen gemeinsamen Rückzug aus der Praxis nach. Auch andere Praxisinhaber in Baiersbronn näherten sich dem Rentenalter und suchten händeringend nach einem Nachfolger.

So eine Situation gibt es in vielen Gemeinden. Ungewöhnlich ist, was die Ärzte mit tatkräftiger Unterstützung durch den MEDI Verbund in Baiersbronn auf die Beine stellten. Zwei Gemeinschaftspraxen taten sich zum Medizinischen Versorgungszentrum „Ärzte am Reichenbach – MEDI-MVZ GmbH“ zusammen. Im hausärztlichen Bereich arbeiten die Wäckers und die beiden Ärzte der zweiten Baiersbronner Gemeinschaftspraxis Dr. Beate Schaible und ihr Sohn Hans-Jörg Schaible.

Außerdem sind die Ärztinnen in Weiterbildung Elena Klippstein und Irina Murgu mit im Boot und zehn Medizinische Fachangestellte. Zwei von ihnen sind Ingrid Sackmann und Elisabeth Brucker, die vorher in einer großen internistischen Praxis mit vier Ärzten und 15 MFAs angestellt war.

Organisation

Ingrid Sackmann kann sich noch gut erinnern, wie sie zum ersten Mal gehört hat, dass die Praxis in ein MVZ umgewandelt werden soll. Auch ihr lagen die Aufrechterhaltung der ärztlichen Versorgung in Baiersbronn und der Erhalt ihrer Arbeitsstelle am Herzen. „Deshalb habe ich mich auf der einen Seite gefreut, dass hier ein MVZ entsteht“, erinnert sie sich. „Anderseits hatte ich großen Respekt vor der neuen Herausforderung“, gibt sie zu. Von Anfang an war Ärzten und MFAs klar, dass Umstellungen auf sie zukommen würden: neue Kolleginnen, neue Patienten und neue organisatorische Abläufe. Alle MFAs bekamen in der ersten Woche nach der Eröffnung eine Extrabegleitung durch die Computerfirma.

Führungsaufgaben

Ein Geschäftsführer? Ja! Typisch für das MEDI-MVZ ist die Einführung einer weiteren Führungsebene neben den Ärztinnen und Ärzten: Der MEDI Verbund entlastet die Ärzte von Managementaufgaben und ungeliebter Bürokratie. Projektleiter und Gesundheitsökonom Wolfgang Fink ist MVZ-Geschäftsführer, weitere MEDI-Mitarbeiter unterstützen ihn.

Fink war anfangs häufig im MVZ anzutreffen, inzwischen hat sich der Alltag eingespielt. Der Geschäftsführer nimmt an den regelmäßigen Teamsitzungen von MFAs und Ärzten teil, bei Bedarf ist er jederzeit im MVZ anwesend. Hans-Jörg Schaible, der ärztliche Leiter, hat immer ein offenes Ohr für alle MFAs und die Ärztinnen in Weiterbildung.

Wenn im Team Fragen auftauchen, ist jetzt Elisabeth Brucker als leitende MFA erste Ansprechpartnerin. Sie hält den Kontakt zur Geschäftsführung, erstellt die Dienstpläne und die Urlaubsplanung – auch diese Führungsaufgaben sind eigentlich Neuland für sie. Aber sie winkt lachend ab. „Das funktioniert“, sagt sie nur und betont, wie wichtig ihr ein ganz normal guter Kontakt zu den Kolleginnen ist.

Veränderungen

In einer seit Jahren bestehenden Praxis haben sich viele Routineabläufe eingeschliffen. Von A wie Ablage oder Anrufbeantworter über B wie Bestellsystem oder L wie Labor bis zu Z wie Zeitmanagement könnte man zwar viele Dinge überdenken. Aber getreu dem Motto „Never change a running system“ wird man die Organisation nicht leichtfertig ändern.

Ganz anders ist die Situation, wenn ein externer Manager wie Wolfgang Fink die Einrichtung und die Abläufe eines neuen MVZs plant. Von Anfang an wurden im Baiersbronner MVZ moderne, reibungslose Abläufe umgesetzt. Die Aktenführung ist papierlos und alle medizinischen Geräte sind mit der EDV vernetzt. Auch von unterwegs, etwa bei Hausbesuchen, im Altenheim oder beim Notdienst, haben Arzt oder VERAH elektronischen Zugriff auf die Patientenakte. Auch das Labor ist mit der Praxis vernetzt: Laboraufträge werden digital gestellt und die Ergebnisse kommen digital an.

Eine wichtige Veränderung betraf das Telefon. „Früher musste ich immer Patientenannahme und Telefon parallel machen“, sagt Ingrid Sackmann. Das hat sich geändert, der Telefonarbeitsplatz wurde aus dem Empfangsbereich ausgelagert. Dafür wurde das Back-Office eingeführt. Für die Mitarbeiterinnen ist es ein großer Vorteil, dass im Hintergrund telefoniert wird. Am Empfang ist es deutlich ruhiger und im Back-Office kann man ungestört telefonieren, ohne dass andere Patienten irgendetwas mitbekommen – auch aus Datenschutzgründen sehr empfehlenswert!

Die Arbeitsplätze im MVZ wurden neu organisiert. Die Mitarbeiterinnen sind täglich anders eingeteilt: für das Labor, das Telefon, die Anmeldung und als Springer. Zwar beherrscht jede MFA jeden Arbeitsplatz, aber es wurden unterschiedliche Verantwortlichkeiten eingeführt. Inzwischen hat jede MFA ein eigenes Gebiet, etwa die Abrechnung, die DMPs oder die Materialbestellung. „Dadurch ist das Team entlastet; in einer großen Praxis ist es auch gar nicht anders möglich“, erklärt Elisabeth Brucker.

Zu den Veränderungen im MVZ gehört auch der dermatologische Fachbereich. Seit Juli 2018 ist Carmen Bursac, Fachärztin für Dermatologie, mit im MVZ. Keine der MFAs hatte vorher beim Hautarzt gearbeitet. Trotzdem sind sie sich einig, dass es kein Hexenwerk war, sich in die neuen Abrechnungsziffern, die Allergietests oder die Assistenz einzuarbeiten.

Elisabeth Brucker und Ingrid Sackmann sind mit ihrer aktuellen beruflichen Situation zufrieden. Besonders loben sie die gute Kollegialität unter allen MFAs. „Das ist nicht selbstverständlich“, wissen sie. Und nur wenige Patienten vermissen noch die gewohnte kleine persönliche Hausarztpraxis. „Unsere Patienten sind froh, dass mit dem MVZ die ärztliche Versorgung vor Ort gesichert ist“, sind sich die beiden Frauen einig.

Ruth Auschra

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