Zahlreiche Änderungsanträge zeigen, dass die große Koalition eifrig am Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) weiterarbeitet. Gestern fand dazu die zweite Anhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestags statt. MEDI GENO-Chef Dr. Werner Baumgärtner fasst hier zusammen, was gegen das Gesetz spricht, das am 1. April in Kraft treten soll.
„Unsere Mitglieder und Gremien lehnen das Gesetz in toto ab, weil es keine Probleme löst, die Budgetierung belässt, die Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen nicht koordiniert und in die Praxisorganisation eingreift“, fasst Baumgärtner zusammen und ergänzt: „Wir haben uns für eine Förderung der Facharztverträge als Ergänzung der Hausarztverträge eingesetzt und standen dazu gemeinsam mit dem Spitzenverband der Fachärzte Deutschlands (SpiFA) in Kontakt zum Ministerium. Das Ergebnis ist immer noch offen, stattdessen gibt es Terminservicestellen und 25 Stunden Mindestzeitvorgaben im Budget“, kritisiert er.
Vorschläge stoßen auf taube Ohren
Baumgärtner bemängelt außerdem, dass das Ministerium Vorschläge aus der Ärzteschaft zur Verbesserung der ambulanten Versorgung nicht annimmt: „Das wird als Lobbyismus der sogenannten Leistungserbringer bewertet.“
Den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten fehlen die passenden Instrumente, damit sie sich gegen „das alles wehren können“, fügt der MEDI GENO-Vorsitzende hinzu und erinnert in diesem Zusammenhang an seine Klage für ein Streikrecht für Niedergelassene. Diese liegt seit zwei Jahren beim Bundesverfassungsgericht.
Ein weiteres Ärgernis bleibt der TI-Konnektor. „Uns wird zwangsweise eine Blackbox in die Praxen gestellt und wir haften hier finanziell und, Dank der EU-DSVGO, auch bezüglich des Datenschutzes“, so Baumgärtner. Deswegen hat MEDI Baden-Württemberg eine Musterklage gegen den Konnektor vorbereitet.
Am 27. Februar lädt Baumgärtner seine Mitglieder im Südwesten zu einer Informations- und Diskussionsveranstaltung zur Telematikinfrastruktur und zum TSVG mit dem Vorstandsvorsitzenden der KV Baden-Württemberg Dr. Norbert Metke ein.
Beginn ist um 19 Uhr in der KV Baden-Württemberg, Albstadtweg 11 in Stuttgart.
„Mir ist eine Diskussion mit Ihnen sehr wichtig, damit wir alle Fragen beantworten und alle Unklarheiten beseitigen können“, betont er.
In den nächsten Tagen erhalten die MEDI-Mitglieder dazu diese schriftliche Einladung.
… zahlreiche Änderungsanträge: Hoffentlich kommt ein wenig Vernunft zurück in die ideologische Debatte über die Wartezeiten auf Termine. Die Praxis sieht oft anders aus. In meiner chirurgisch-orthopädischen Praxis erst kürzlich wieder erlebt: Rückenbeschwerden seit einer Woche, am Samstag in die erste Notaufnahme im Krankenhaus, untersucht, Schmerzmittel bekommen, am Sonntag in das nächste Krankenhaus, wieder untersucht, wieder Schmerzmittel, am Montag zu mir als Notfallpatient – weil er bei seinem eingenen Orthopäden erst am Dienstag einen Termin bekommen hatte. Mitgebracht hatte er die beiden ausführlichen Befundbriefe aus den Kliniken. Ein Patient mit Rückenschmerzen ist ein Notfall, keine Frage. Aber es fehlt hier grundsätzlich an einer sinnvollen Steuerung der Patienten. Hier besteht Handlungsbedarf. Warum war er am Samstag und Sonntag nicht beim ärztlichen Notfalldienst? Warum war er am Montag nicht bei seinem Hausarzt? Warum nimmt unsere Gesellschaft das einfach hin? Dieser irrationale, unsinnige und teure Mehraufwand wird selbstverständlich akzeptiert. Und dann sind wir Schuld daran, weil wir nicht genug Termine zur Verfügung stellen. Das ist nicht nur falsch, das ist verletzend und zynisch. Dieser Teil des TSVG ist ein schlimmer Irrweg.