Ende der Praxistätigkeit: kleine Fehler, teure Wirkung

Die Suche nach einem Nachfolger kann zu einer großen Belastung werden. Trotzdem dürfen in dieser Situation keine Flüchtigkeitsfehler passieren. Auf welche Kleinigkeiten muss man bei der Praxisübergabe achten? Und woran denken, wenn die Praxis geschlossen wird?

„Man sollte wirklich früh damit anfangen, den Ausstieg vorzubereiten“, rät Rita Gehring. Die Projektleiterin Ärzteberatung bei der MEDIVERBUND AG empfiehlt, schon lange vor der Übergabe der Praxisschlüssel an einen Nachfolger oder den Vermieter den „Papierkram“ auf Vordermann zu bringen.

Sie rät jedem Arzt, die Praxisunterlagen sorgfältig zu durchforsten. Einerseits kann man so unnötigen Stress in der heißen Phase des Ausstiegs minimieren. Andererseits vermittelt es ihrer Erfahrung nach potenziellen Käufern einen unprofessionellen Eindruck, wenn Unterlagen gesucht werden müssen oder Dokumente nicht auf dem neuesten Stand sind.

Das ist wichtig!

Der Mietvertrag und seine Laufzeit spielen eine zentrale Rolle. Gibt es mietvertragliche Regelungen für den Fall der Praxisübertragung, Berufsunfähigkeit oder Berufsaufgabe? Im Idealfall ist vereinbart, dass Sie das Mietverhältnis auf einen Nachfolger übertragen können.
Bei einer Praxisübernahme übernimmt der neue Chef auch das „alte“ Praxispersonal (§ 613a Abs.1 BGB).

Viele Interessenten werden sich also auch die Arbeitsverträge anschauen wollen. Hohe Personalkosten können sowohl abschreckend wirken als auch für die hohe Motivation und Qualifikation der Mitarbeiter sprechen. Hauptsache, dies lässt sich belegen.

Bei einem Übergang der Praxis auf einen Nachfolger haben Ihre Angestellten ein Widerspruchsrecht. Nach offizieller Bekanntgabe des Betriebsübergangs haben sie einen Monat lang Zeit zu widersprechen. Informieren Sie sie also frühzeitig und zur Sicherheit auch schriftlich. Wird die Praxis ohne Nachfolger geschlossen, sind betriebsbedingte Kündigungen (Kündigungsfristen beachten!) auszusprechen.

Leasing- und Wartungsverträge müssen gekündigt oder auf den Nachfolger überschrieben werden. Auch das Inventarverzeichnis ist vor Abgabe oder Schließung einer Praxis möglicherweise zu überarbeiten: Was nicht mehr vorhanden ist, sollte natürlich auch nicht im Inventarverzeichnis auftauchen.

Eine wichtige Rolle spielt meistens der Versicherungsordner. Welche Versicherungen müssen über die Praxisschließung informiert werden? Wo sind Änderungen nötig? Nur zur Erinnerung: Patienten können auch nach der Praxisübergabe oder -schließung einen angeblichen Behandlungsfehler anzeigen.

Typisches Beispiel sind unerwünschte Wirkungen von Medikamenten, die Sie am letzten Arbeitstag verordnen, die der Patient aber erst eine Woche später einnimmt. Die Berufshaftpflichtversicherung kann, muss aber keine Nachhaftung beinhalten. Beim Ausstieg aus dem Berufsleben ist auch ein Blick auf die Bankkonten sinnvoll. Daueraufträge und Einzugsermächtigungen werden selbstverständlich storniert.

Der Steuerberater ist vermutlich längst über die beruflichen Veränderungen informiert, da er eine wichtige Rolle bei der erfolgreichen Umsetzung spielt. Gegenüber einem Kaufinteressenten ist es wichtig, eine aktuelle Buchhaltung vorweisen zu können. Dafür muss der Steuerberater die Belege natürlich zeitnah bekommen und wissen, welche Rolle aktuelle Daten für seinen Mandanten spielen. Er sollte rechtzeitig die Est.-Vorauszahlungen an die neuen Einkommensverhältnisse anpassen. Falls die Praxis verkauft wird, ist ein Freibetrag zu beantragen.

Wann sollen die Patienten über die Änderungen informiert werden? „Rechtzeitig“, antwortet Gehring, „also mindestens ein Quartal früher.“ Die Patienten kann man durch Aushang in der Praxis über die Schließung oder Übergabe informieren. Zusätzlich sind ein Hinweis auf der Praxishomepage und möglicherweise auch eine Anzeige in der Tagespresse sinnvoll.

Die Übergabe der Patientenkartei an einen Nachfolger ist an eine schriftliche Zustimmung der Patienten gebunden. Wenn die Praxis geschlossen wird, muss man die Verwahrung und Herausgabe der Patientenakten organisieren. Eventuell finden sich Kollegen vor Ort, die diese Aufgabe übernehmen. Notfalls könnten sie bei der Landesärztekammer eingelagert werden. Patientenakten, die älter als zehn Jahre sind, müssen ordnungsgemäß vernichtet werden.

Ruth Auschra

 

Checkliste zur Praxisabgabe

 

Checken und eventuell kündigen

  • Mietvertrag
  • Leasingverträge
  • Wartungsverträge Software oder Medizintechnik
  • Versicherungen checken
  • Banken informieren, Daueraufträge und Einzugsermächtigungen stornieren

Abmelden

  • beim zuständigen Gesundheitsamt
  • beim ärztlichen Berufsverband?

Informieren

  • Finanzamt
  • Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege
  • Steuerberater
  • Banken
  • Personal
  • Kollegen

Social Media

Folgen Sie uns auf unseren Plattformen.

Aktuelle MEDI-Times

MEDI-Newsletter

Mit dem kostenfreien MEDI-Newsletter informieren wir Sie regelmäßig über aktuelle Themen und die neuesten Angebote. Bleiben Sie mit uns auf dem Laufenden!

Die Datenschutzerklärung habe ich zur Kenntnis genommen und bin damit einverstanden.*

Auf Facebook kommentieren!

Deutscher Ärztetag: MEDI plant gemeinsam mit weiteren Ärzteverbänden große Protestaktion

Die fachübergreifenden Ärzteverbände MEDI GENO Deutschland e. V. und MEDI Baden-Württemberg e. V. planen gemeinsam mit weiteren Ärzteverbänden eine große Protestaktion zum Auftakt des 128. Deutschen Ärztetags am 7. Mai 2024 um neun Uhr vor der Rheingoldhalle in Mainz. Laut Ärzteverbände wolle man die große mediale Aufmerksamkeit der Veranstaltung nutzen, um auf die prekäre Situation der ambulanten Versorgung und der Kliniken hinzuweisen.

„Ohne Selektivverträge könnten wir als Praxis nicht überleben“

Die Allgemeinmedizinerin Dr. Christine Blum vertritt als Beisitzerin im Vorstand von MEDI Baden-Württemberg e. V. die Interessen der angestellten Ärztinnen und Ärzte. Sie hat sich von der Orthopädie und Unfallchirurgie verabschiedet, um die Hausarztpraxis ihres Vaters zu übernehmen – und kann sich nun keine andere Art zu arbeiten mehr vorstellen.

Psychotherapie: „Der Versorgungsbedarf wird immer größer“

Claudia Bach ist psychologische Psychotherapeutin und hat zwei Praxen in Schriesheim und Weinheim im Rhein-Neckar-Kreis mit einem großen Team von zehn angestellten Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sowie drei Assistentinnen und einer Sekretärin für das Praxis- und Qualitätsmanagement. Seit drei Jahren engagiert sich die 37-Jährige bei Young MEDI, denn Herausforderungen für die psychotherapeutische Versorgung gibt es genug. Im MEDI-Interview erzählt Bach von der großen Unsicherheit mit der Finanzierung der Weiterbildung zur Fachpsychotherapeutin und zum Fachpsychotherapeuten, vom wachsenden Versorgungsumfang und von der zunehmenden Bürokratie.