Neues Modul Internistische Rheumatologie im Orthopädievertrag

Zum 1. Januar 2018 wird der Facharztvertrag Orthopädie um den Bereich Internistische Rheumatologie erweitert. Die Vertragsunterschrift erfolgte im Oktober. Das Modul steht Versicherten der AOK Baden-Württemberg und der Bosch BKK offen, die am gemeinsamen Facharztprogramm ihrer Krankenkasse teilnehmen. Wesentliche Vorteile gegenüber der Regelversorgung sind ein schnellerer Zugang zu modernster, qualitätsgesicherter Diagnostik und Therapie sowie mehr Zeit für eine umfassende Patientenberatung. Teilnehmen können alle Fachärzte für Innere Medizin mit Schwerpunkt Rheumatologie, sofern sie die vertraglichen Qualitätskriterien erfüllen. Ein Quorum ist nicht vorgesehen.

Rheumatologische Erkrankungen sind zumeist chronisch verlaufende Krankheiten des Immunsystems und gehen oft mit entzündlichen Gelenkbeschwerden und auch Organerkrankungen einher. Dazu gehören mehr als 100 verschiedene Krankheitsbilder. Die häufigste und bekannteste Unterform ist die „Rheumatoide Arthritis“ (RA). Heute weiß man, dass bei einer früh einsetzenden Behandlung für mehr als die Hälfte der Betroffenen ein beschwerdefreier Zustand erreicht werden könnte.(1)Erhärtet sich der Verdacht auf eine rheumatologische Erkrankung sollte möglichst rasch, z. B. bei RA innerhalb von drei Monaten, eine zielgerichtete Therapie beginnen. Allerdings dauert es derzeit ab dem Auftreten erster Krankheitssymptome im Schnitt elf Monate bis ein Patient erstmals von einem Rheumatologen untersucht wird. Und auch nach einer Rheuma-Diagnose ist die Versorgung verbesserungswürdig, wie eine Analyse der AOK Baden-Württemberg zeigt.(2) Demnach haben fast ein Viertel der Betroffenen – insbesondere Ältere – keinen Kontakt zu einem ambulant tätigen internistischen Rheumatologen. Zudem erfordern gerade diese entzündlichen Systemerkrankungen einen guten Überblick der beteiligten Ärzte über den gesamten Gesundheitszustand und damit eine gute Zusammenarbeit vor allem zwischen Hausärzten, Rheumatologen und Orthopäden. Wichtig ist ferner eine intensive Beratung zur Medikation im Sinne der Patientensicherheit und Therapietreue und zu Fragen der Lebensführung und Rehabilitation. „Genau an diesen Punkten setzen wir gemeinsam mit den ärztlichen Vertragspartnern an”, erklärt Dr. Christopher Hermann, Vorstandsvorsitzender AOK Baden-Württemberg, „wir wollen eine koordinierte und qualitätsgesicherte Behandlung durch Haus- und Fachärzte fördern, um den Betroffenen umfassend zu helfen.“

Damit Verdachtsfälle frühzeitig abgeklärt werden, erhalten Versicherte bei einer Überweisung zum Facharzt innerhalb von zwei Wochen einen Termin, bei Notfällen sogar am selben Tag. Die qualifizierte Betreuung umfasst eine biopsychosoziale Anamnese, die Diagnose und biopsychosoziale Behandlung nach aktuellem Wissensstand und die ausführliche Beratung der Patientinnen und Patienten. Nach der Diagnose Rheuma haben Betroffene viele Fragen zu Prävention, Gesundheitsförderung und Selbstmanagement. Dazu Dr. Andreas Engel, 1. Vorsitzender des Landesverbands Baden-Württemberg im Berufsverband Deutscher Rheumatologen: „In der KV-Regelversorgung fehlt häufig die nötige Zeit, um unsere Patienten gründlich zum Nutzen richtiger körperlicher Aktivität, ausgewogener Ernährung, Stressvermeidung und zur medikamentösen Therapie zu beraten. Der Vertrag berücksichtigt diese Faktoren ebenso wie Multimorbidität und Polypharmazie, motivationale Beratung und den erhöhten Beratungsbedarf schwangerer Rheumapatientinnen“. Bei psychosozialen Belastungen oder beruflichen Risikofaktoren können außerdem der Soziale Dienst der AOK und die Patientenbegleiter der Bosch BKK ergänzend beraten, wie Dr. Gertrud Prinzing, Vorständin der Bosch BKK erklärt: „Unsere speziell geschulten Mitarbeiter vermitteln konkrete Angebote zur Prävention und Gesundheitsförderung und können zu einem nachhaltigem, positivem Umgang mit der Erkrankung motivieren.“ Der Hausarzt erhält möglichst innerhalb von drei, spätestens jedoch innerhalb von 14 Werktagen, einen strukturierten Befundbericht; bei Neueinstellung oder Therapieumstellung unmittelbar – inklusive aktualisiertem Medikationsplan.

Ermöglicht wird diese neue Versorgung durch eine abgestimmte Vergütungssystematik bestehend aus einem Mix von Pauschal- und Einzelleistungsvergütungen sowie Qualitätszuschlägen. Für die Ärzte ergibt sich im Schnitt ein deutliches Honorarplus gegenüber dem KV-System. Dr. Werner Baumgärtner, Vorstandsvorsitzender von MEDI Baden-Württemberg und MEDI GENO Deutschland, resümiert: „Wir sind froh, dass es jetzt zu diesem Abschluss gekommen ist. Das neue Rheuma-Modul verbessert durch die intensivere und besser verzahnte Versorgung, Prognose und Lebensqualität unserer Patienten und gibt den Ärzten hohe Planungssicherheit, weil es auf Fallzahlbegrenzungen oder Abstaffelungen komplett verzichtet.“

Wichtige Fakten zum Modul Internistische Rheumatologie im AOK-Facharztvertrag Orthopädie in Baden-Württemberg

Grundlage: § 73c des Sozialgesetzbuchs V

Vertragspartner:
AOK Baden-Württemberg
Bosch BKK
MEDI Baden-Württemberg e.V.
MEDIVERBUND AG
Berufsverband niedergelassener Chirurgen Deutschlands (BNC)
Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU)
Berufsverband Deutscher Rheumatologen (BDRh e.V.) in enger Abstimmung mit der Rheumaexperten BW eG

Einschreibung für Ärzte: ab sofort

Versorgungsstart für Versicherte: 01.01.2018

Vertragsdauer: unbefristet

Schwerpunkte: Rheumatoide Arthritis, Morbus Bechterew, Systemischer Lupus erythematodes
Rheumatologen: 53 niedergelassene plus 17 ermächtigte Klinikärzte
Versicherte im FacharztProgramm der AOK Baden-Württemberg: 580.000
Versicherte der Bosch BKK im FacharztProgramm in Baden-Württemberg: 13.200

(1) Robert Koch Institut Heft 49
(2) Strahl et al.: Prävalenz, Komorbidität und interdisziplinäre Versorgung der Rheumatoiden Arthritis – Versicherungsdaten zur ambulanten und stationären Versorgung in Baden-Württemberg; Zeitschrift für Rheumatologie; 2017 Z Rheumatol DOI 10.1007/s00393-017-0381-6

Bildunterschrift:
Zufriedene Partner nach Vertragsabschluss des Moduls Internistische Rheumatologie im Rahmen der Erweiterung des Orthopädie-Vertrags in Baden-Württemberg
Dr. Edmund Edelmann, Vorstandsmitglied Berufsverband Deutscher Rheumatologen e.V. , Dr. Andreas Engel, 1. Vorsitzender Landesverband Baden-Württemberg, Berufsverband Deutscher Rheumatologen e.V., Dr. Magnus Schiebel, 2. Vorsitzender Landesverband Baden-Württemberg, Berufsverband Deutscher Rheumatologen e.V., Dr. Michaela Bellm, Vorständin, Rheumaexperten BW eG, Dr. Christopher Hermann, Vorstandsvorsitzender AOK Baden-Württemberg, Dr. Gertrud Prinzing, Vorständin Bosch BKK, Dr. Frido Mütsch, 1. Vorsitzender Arbeitsgemeinschaft Niedergelassener Chirurgen Baden-Württemberg Nord e.V., Dr. Werner Baumgärtner, Vorstandsvorsitzender von MEDI Baden-Württemberg und MEDI GENO Deutschland

Fotograf: Thomas Kienzle