Unser MEDI-Kandidat für den KVBW-Vorstand

Dr. Karsten Braun ist der neue MEDI-Kandidat für den KVBW-Vorstand bei der Wahl im kommenden Jahr. Der 52-Jährige ist Facharzt für Orthopädie, Unfallchirurgie und studierter Medizinrechtler. Gemeinsam mit seiner Frau Andrea arbeitet er seit 21 Jahren in einer großen, fachübergreifenden Gemeinschaftspraxis in Wertheim. Seit rund 20 Jahren engagiert sich Braun berufspolitisch, auch für MEDI.  

MEDI: Was reizt Sie ganz persönlich an dieser großen Aufgabe?

Braun: Es hat mir immer gefallen, mich in neue Themen einzuarbeiten, Verantwortung zu übernehmen und Dinge aktiv zu gestalten. Erfolgreiche Interessenvertretung für Hausärzte, Fachärzte und Psychotherapeuten erfordert die Gestaltung qualitativ hochwertiger medizinischer Versorgung für elf Millionen Menschen in Baden-Württemberg – im Dialog mit Krankenkassen und verschiedenen Fachdisziplinen.

MEDI: Sie engagieren sich seit vielen Jahren berufspolitisch bei MEDI, der Ärztekammer Nordwürttemberg, der KVBW und dem BVOU. Worauf sind Sie besonders stolz? 

Braun: Eine meiner ersten berufspolitischen Tätigkeiten war die Mitarbeit im Vorstand der Ärzteschaft Tauberbischofsheim für MEDI Baden-Württemberg. Wir haben hier eine exzellente Kooperation zwischen Haus- und Fachärzten, Niedergelassenen und Klinikern. Mir ist dabei ein ausgleichender und fachübergreifender Ansatz wichtig. In Nordwürttemberg habe ich bei der Wahl zur Vertreterversammlung der Bezirksärztekammer den höchsten prozentualen Stimmenanteil geholt. Für die KVBW manage ich hier mit hoher Akzeptanz seit 2014 den ärztlichen Notfalldienst als Notfallpraxisbeauftragter und bin in einigen Ausschüssen aktiv. Für den BVOU habe ich auf Bundesebene im Pressereferat gearbeitet und konnte aktuell erfolgreich an der Entwicklung eines neuen Selektivvertrags mitwirken.

MEDI: Was sind für Sie die zentralen Themen, um die ambulante Versorgung zu sichern und die niedergelassene Ärzteschaft zu unterstützen?

Braun: Die herausforderndsten Themen sind zukünftige Strukturen des Gesundheitswesens und Altersstruktur der Vertragsärzte mit resultierendem Ärztemangel. 

MEDI: Fangen wir mal beim Thema Honorar an: Was muss besser werden?

Braun: Aktuell prägt die Coronapandemie die Lage. Wir Haus- und Fachärzte haben uns in Praxen und MVZ grandios durch Testen, Behandeln und Impfen gegen Corona engagiert. Statt die herausragende Solidarleistung unserer Praxisteams auch finanziell anzuerkennen, bereichert die Berliner Politik beispielsweise mit „Maskendeals“ lieber Dritte. Außerdem erschwert sie uns durch ständig wechselnde Verordnungen, Verwaltungsbürokratie und beschämende Almosenhonorare die Pandemiebekämpfung.

Durch die Coronakrise drückt die GKV auf die Tränendrüse und macht Milliardendefizite und Beitragssteigerungen geltend, die sich auf unsere Honorarforderungen negativ auswirken. Schon jetzt konnten Krankenkassenlobbyisten eine Nachbereinigung der TSVG-Fälle durchsetzen. Die für uns ausnahmsweise mal positiv auswirkenden Effekte eines Einstiegs in die extrabudgetäre Vergütung wurden schon kurz nach Inkrafttreten wieder zurückgeschraubt.

MEDI: Wie steht es um die Ausgabenbereitschaft der Kassen für die ambulante Versorgung?

Braun: Wenn der AOK-Bundesverband lauthals fordert, die angebliche Ausgabendynamik im ambulanten Bereich müsse weiter gebremst und mehr Leistungen in den budgetierten Teil der Gesamtvergütung zurückgeführt werden, dann verkennt er in empörender Art und Weise, dass Kassen zuvor jahrzehntelang für von ihnen bestellte ärztliche Arbeit die Zeche geprellt haben.

Unsere steigenden Kosten für Personal, Hygiene, IT oder Datenschutz müssen viel mehr Berücksichtigung finden. Im KV-System heißt das, dass ein anstehender neuer EBM endlich ohne das Diktat der Punktsummenneutralität gestaltet werden muss. Es sollte über echte Euro geredet werden. Dafür muss sich der Vorstand der KV Baden-Württemberg auf Bundesebene einsetzen.

MEDI: Was muss sich an der Struktur des Gesundheitswesens konkret ändern – beispielsweise in puncto Digitalisierung?

Braun: Die Parteiprogramme der vergangenen Bundestagswahl zeigen, dass alle die Digitalisierung des Gesundheitswesens vorantreiben wollen. Das ist medizinisch ja auch sinnvoll. Es muss dabei aber auf die Bedürfnisse derjenigen eingegangen werden, die damit arbeiten sollen. Das ist offenkundig bei der TI nicht umgesetzt. Es werden aktuell mehr die Interessen der Politik und die der IT-Industrie mit einer Digitalisierung zum Selbstzweck um jeden Preis bedient. Das geht mit einer Aushöhlung der ärztlichen Schweigepflicht, des Datenschutzes, weiteren Gängelungsmöglichkeiten, hohen Kosten und vermehrtem Zeitaufwand für uns Ärzte einher. Hier müssen wir selbst mitgestalten, wenn wir nicht weiter digitalisiert werden wollen. Eine gute Aufgabe für einen jüngeren KV-Vorstand.

MEDI: Welche Themen sind für Sie, neben der Digitalisierung, besonders relevant?

Braun: Wir werden künftig mit einer möglichen Öffnung der Krankenhäuser und weiteren Reformen der Notfallversorgung beschäftigt sein. Leider ist auch in Zukunft immer wieder damit zu rechnen, dass an den Selektivverträgen gekratzt werden wird. Mit Blick auf den Rest der Republik haben die Verträge bisher nur in Baden-Württemberg in friedlicher Koexistenz mit dem KV-System wirkliche Bedeutung erlangt. Schon mit dem Faire-Kassen-Wahl-Gesetz 2019 hat es uns größte Anstrengungen gekostet, den Fortbestand unserer Selektivverträge zu sichern. Dabei handelt es sich eigentlich um ein Exportmodell für ganz Deutschland mit nachweisbar qualitativ besserer Versorgung für alle Beteiligten. Da haben wir noch Überzeugungsarbeit zu leisten.

MEDI: Die dritte Herausforderung ist die Altersstruktur der Vertragsärzteschaft.

Braun: Genau, immer mehr Ärztinnen und Ärzte wollen angestellt und ohne unternehmerisches Risiko tätig sein, was bei den Rahmenbedingungen nicht verwundert. Das wird nach den aktuellen Parteiprogrammen die Rolle der medizinischen Assistenzberufe stärken, die uns billig substituieren sollen. Eines unserer Hauptprobleme werden MVZ in Investorenhand sein. Ärztliche Produktivität soll hier systemfremde Gewinnerzielungsinteressen befriedigen. Das wird in Berlin im gesundheitspolitischen Blindflug negiert. Der Politik ist es offensichtlich egal, wer die Bevölkerung versorgt. Anstelle attraktive Konzepte für freiberufliche ärztliche Tätigkeit junger Kolleginnen und Kollegen zu entwickeln, wollen verschiedene gestrige Parteiprogramme dem Ärztemangel mit mehr staatlicher, planwirtschaftlicher Steuerung unter dem Deckmantel „kommunaler oder regionaler Lösungen“ entgegenwirken.

MEDI: Welche Lösungen sehen Sie da? 

Braun: Wir von MEDI wollen Hausärzte vor Ort und Fachärzte nicht nur an Krankenhäusern, sondern in freier Praxis. Wir brauchen moderne Praxen mit Teamstrukturen und Teilzeitarbeitsplätzen. Dem Bedürfnis nach Anstellung müssen wir uns durch MVZ in Ärztehand stellen – so wie bei unseren MEDI-MVZ. Angestellte Ärztinnen und Ärzte müssen wir dabei in MEDI-Strukturen besser integrieren. VERAH, EFA und Physician Assistants sollten wir sinnvoll in Konzepte ärztlich verantworteter Delegation einbeziehen. Dafür benötigen wir künftig Ärztinnen und Ärzte als Koordinatoren für eine qualitativ hochwertige Versorgung – sowohl in bewährten als auch in neuen ambulanten Strukturen. Diese neuen Kooperationsformen sollten vom KV-System besser unterstützt und Hindernisse in der Zulassung abgebaut werden, sonst sind wir im Wettbewerb mit den Kliniken benachteiligt.

Tanja Reiners

 

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